FLUCHT von Gao Xingjian
 
 


Gao Xingjian wurde am 4. Januar 1940 in Ganzhou (Provinz Jiangxi) im Osten Chinas geboren. In frühester Kindheit weckte seine Mutter sein Interesse für das Theater und die Schriftstellerei. Sie selbst betrieb beides als Amateurin. 1962 legte Xingjian am Institut für Fremdsprachen in Peking ein akademisches Examen in Französisch ab.

Immer wieder stieß Gao Xingjian mit der politischen Macht zusammen, so musste er während der chinesischen Kulturrevolution zur Umerziehung in ein Arbeitslager und war gezwungen, seine unveröffentlichten Manuskripte zu verbrennen. Später musste er fünf Jahre in einem Dorf Landarbeit verrichten, konnte dort allerdings seine schriftstellerische Tätigkeit im Verborgenen wieder aufnehmen.

Als Chinas postmaoistischer Frühling einen herben Dämpfer erhielt, wurde Xingjian 1983 in der "Kampagne gegen spirituelle Verschmutzung" zur Zielscheibe der Machthaber. Anlass war sein Theaterstück "Die Bushaltestelle", mit dem das chinesische Theater zum ersten Mal seit der Revolution die Schranken des sozialistischen Realismus durchbrach.

1984 drohte man Xingjian daraufhin mit der Verbannung ins Arbeitslager in die Nordwestprovinz Qinghai. Er tauchte unter und begab sich auf eine zehn Monate lange Wanderung, die ihn in die Urwälder Sichuans und ein entlegenes, oft archaisches China führte – eine Reise, die sich nicht nur in seinem Roman "Der Berg der Seele" deutlich widerspiegelt.

Im Jahr 1985 arbeitete Gao Xingjian, finanziert durch ein DAAD-Stipendium, in Berlin. Hier lernte er auch den Kunstsammler Franz-Armin Morat kennen. Für Xingjian war dies eine bedeutende Begegnung, da sich sein künstlerisches Schaffen inzwischen ausschließlich in Arbeiten der Bildenden Kunst äußert.

1987 übersiedelte Xingjian über Freiburg nach Paris. Nach der blutigen Niederschlagung der chinesischen Studentenbewegung Anfang Mai 1989 auf dem Tiananmen-Platz in Beijing kritisierte er das Massaker im französischen Fernsehen. Er trat nach 27jähriger Zugehörigkeit aus der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) aus und gab seinen chinesischen Pass zurück. Frankreich gewährte ihm auf seinen Antrag hin politisches Asyl.

Seit 1990 darf Xingjian sein - trotz aller Widrigkeiten - geliebtes China nicht mehr betreten. Er lebt in Paris, hauptsächlich von seiner Malerei. 1998 wurde Gao Xingjian in Frankreich eingebürgert.
Die Verleihung des Nobelpreises im Jahr 2000 kam für viele Seiten sehr überraschend, nicht zuletzt für Xingjian selbst. In China selbst argumentierte man, Gao Xingjian spiele für die chinesische Literaturszene keine Rolle und man hätte lieber einen „richtigen“ Chinesen auszeichnen sollen.
Bis heute bleibt ihm die gebührende Anerkennung weitestgehend verwehrt; auch auf deutschen Bühnen wurde Gao Xingjian bisher kaum gespielt.


 
 
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